In der Zeitschrift für Personalforschung (Heft 4/2010, S. 420-430) ist eine Sammelrezension zu drei Büchern erschienen, die sich sämtlich mit “Employment Relations” bzw. “Employment Relationship” befassen.
Werner Nienhüser: Employment Relations – das Beschäftigungsverhältnis als ein zentrales Konstrukt der Personalwissenschaft
Sammelbesprechung von
- Coyle-Shapiro, J. A. –M. / Shore, L. M. / Taylor, M. S., et al. (Eds.) (2004): The Employment Relationship. Examining Psychological and Contextual Perspectives. Oxford: Oxford University Press.
- Muffels, Ruud J. A. (Ed.) (2008): Flexibility and Employment Security in Europe. Labour Markets in Transition. Cheltenham: Elgar.
- Cappelli, P. (Ed.) (2008): Employment Relationships. New Models of White-collar Work. Cambridge: Cambridge University Press.
Der Rezensent bespricht die Bücher vor dem Hintergrund von drei Fragen. Hier die Antworten (mehr hier):
“(1) Wie konzeptionalisieren, wie denken die Autoren und Autorinnen das Beschäftigungsverhältnis? Dem Band von Coyle-Shapiro et al. kommt das Verdienst zu, unterschiedliche Sichtweisen zu thematisieren. Sie zeigen auf, dass ein sozialpsychologischer Zugang andere Aspekte hervorhebt und anders erklärt als z. B. ein ökonomischer. Bei Muffels dominiert dagegen klar und fast durchgängig eine ökonomische Perspektive, die das Beschäftigungsverhältnis und die Austauschbeziehung tendenziell als Marktbeziehung konzeptionalisiert. Allerdings bleibt der Arbeitgeber sozusagen in der Black Box, seine Strategien werden kaum systematisch behandelt, was damit zu tun haben mag, dass keine Betriebsdaten verwendet wurden. Bei Cappelli findet man wenige Anhaltspunkte zu solchen grundsätzlich-konzeptionellen Fragen, da die Beiträge vorrangig empirisch ausgerichtet sind. Am ehesten ist es eine Art Konzept Interner Arbeitsmärkte, das hier zur Anwendung kommt.
(2) Welche Wirkungen von unterschiedlichen Formen von Beschäftigungsverhältnissen stehen bei den jeweiligen Büchern im Vordergrund? In dem Band von Coyle-Shapiro et al. werden vor allem subjektiv wahrgenommene Effekte des Austausches zwischen Lohn und Leistung untersucht, während bei Muffels die harten Dimensionen des Arbeitslebens im Vordergrund stehen: Arbeit zu finden, zu behalten, einen guten Lohn zu erzielen. Bei Cappelli sind es, wenn man von Detailbefunden abstrahiert, Veränderungen in den Personalstrategien und dadurch ausgelöste Personalbewegungen in Organisationen. Die gesellschaftlichen Folgen der Organisation von Beschäftigungsverhältnissen werden am ehesten bei Muffels behandelt. Der potenzielle Widerspruch zwischen für den Arbeitgeber flexiblen Regelungen hinsichtlich des Abschlusses und der Auslösung von Beschäftigungsbeziehungen und der sozialen Sicherheit für die Beschäftigten, aber auch für Arbeitslose, steht im Vordergrund. Die Frage, welches Verhältnis aus Flexibilisierung und Sicherheit denn nun optimal ist, lässt sich zwar schwer beantworten, sie ist aber richtig gestellt und bezieht eben auch gesellschaftliche Wirkungen, wenn auch beschränkt auf die Funktionsfähigkeit des Arbeitsmarktes, mit ein.
(3) Warum finden wir ganz unterschiedliche Formen von Beschäftigungsverhältnissen vor, warum gibt es gegebenenfalls Veränderungen? Während auf die beiden anderen, oben behandelten Fragen durchaus interessante und teilweise überzeugende Antworten zu finden sind, gilt dies nicht für die dritte Frage. In keinem der drei Bücher wird sie ausführlicher behandelt, Befunde finden sich kaum. Allenfalls Cappellis Einleitungsaufsatz gibt einige interessante Hinweise auf die veränderten ökonomischen Bedingungen von Personalstrategien. Letztlich konstatieren alle drei Bücher einen Wandel der Beschäftigungsverhältnisse, ohne aber näher zu klären, was die Ursachen dieses Wandels sind. Ist es wirklich die oft bemühte Formel der Globalisierung, des zunehmenden Wettbewerbs; ist es der Aufstieg der Ideologie des Neoliberalismus? Wie verhält sich das erste zum letzten? Gibt es innerhalb der ökonomischen und ideologisch-politischen Rahmenbedingungen Handlungsspielraum auf Landes- und Betriebsebene? Die Liste solcher Fragen ließe sich verlängern.
Die Bücher sind lesenswert, sie liefern – die einen mehr, das andere weniger – interessante und wichtige Befunde, sie zeigen auch, dass die Kategorie „Beschäftigungsverhältnis“ im Sinne von „Employment Relationship“ theoretisch und empirisch fruchtbar ist.”