„Fernglück“ – anschauen!

Der Film „Fernglück“ schien mir zunächst eine interessante Dokumentation über junge Deutsche als freiwlllige Helfer im Ausland zu sein. Tatsächlich aber zeigt er viel mehr als nur die individuelle Perspektive privilegierter Deutscher: Man bekommt die soziale Situation in Bangladesh zu sehen. Bedrückend und aufrüttelnd waren für mich insbesondere die Szenen eines Gesprächs in einem Krankenhaus mit einer Näherin. Die junge Frau wurde beim Einsturz der Rana Plaza-Fabrik schwer verletzt. Auch die Aufnahmen von Demonstrationen und Straßenschlachten  geben einen Eindruck von den sozialen Kämpfen.

Den Stresstest, ob das Glück wirklich in der Ferne liegt, wagen immer mehr junge Menschen. Nach dem Abi ein Jahr ins Ausland zu gehen, um als freiwilliger Helfer zu arbeiten, ist „in“. Doch sie fahren mit der Kluft zwischen Anspruch und Wirklichkeit im Gepäck: Shaheen Dill-Riaz begleitet als gebürtiger Bengale fünf junge Deutsche in sein Heimatland – ausgerechnet im Jahr der politischen Unruhen.

Seit das Programm „weltwärts“ 2008 vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit gegründert wurde, fahren jährlich mehr als 16.000 Freiwillige in die ärmsten Regionen der Welt, um Non-Profit-Organisationen bei ihrer Arbeit zu unterstützen, so der Idealfall.

Was aber passiert, wie im Falle von Felix, Caro, Anna und der friedliebenden Rosa, wenn schon ein paar Wochen nach Ankunft die Menschen ihres Gastlandes auf die Straße gehen, um für die Todesstrafe an den Kriegsverbrechern des Befreiungskrieges von 1971 zu demonstrieren, wie im vergangenen Jahr in Dhaka? Oder wenn die neunstöckige Textilfabrik Rana einstürzt und tausende von Menschen unter sich begräbt? Wie gehen die jungen Menschen mit den Realitätsschocks innerhalb des Kulturschocks um? via Fernglück –.

Der im Berlin lebende Filmemacher Shaheen Dill-Riaz stammt aus Bangladesh; auf seiner Webseite findet man mehr Informationen über ihn und über seine Filme. Noch gibt es den Film in der Mediathek von 3Sat zu sehen.