Projektorganisation und Projektmanagement haben eine große Bedeutung in der Betriebswirtschaftslehre. Man nimmt an, dass eine durch Projekte ergänzte Organisation eine höhere Flexibilität und Lernfähigkeit aufweist. Allerdings ist das Management von Projekten nicht trivial: Projekte mit wechselnden Aufgaben und wechselnden Mitarbeitern müssen immer wieder neu in bestehende, überdauernde Strukturen eingepasst werden und bedürfen der Steuerung.
Wie aber werden Projekte in der Praxis gesteuert; wie stellt man Arbeitsmotivation und Leistungsbereitschaft der Projektmitarbeiter sicher? Setzt man stärker auf direkte Kontrolle oder eher auf indirekte Steuerungsformen, wie z.B. Zielvereinbarungen mit Spielräumen für die Mitarbeitern bei der Wahl der Mittel?
Frau Christina Krins geht von einem interessanten Widerspruch aus. In der Projektmanagement-Literatur wird behauptet, es käme auf den Projektleiter an, auf seine “Persönlichkeit”. Unterschiedliche Steuerungsformen würden sich demnach aus den persönlichkeitsbedingten Verhaltensweisen des jeweiligen Projektleiters erklären lassen. Diese “eigenschaftstheoretische” Hypothese steht im massiven Gegensatz zu der Annahme kontrolltheoretischer Ansätze, der zufolge die wesentliche Ursache für unterschiedliche Personalsteuerungsformen in den Merkmalen der Arbeitsaufgabe liegt. Wenn Aufgaben sehr komplex sind, dann erschwert dies die direkte Kontrolle durch den Projektleiter, der deswegen gezwungen ist, auf andere indirekte Steuerungsformen zurückzugreifen.
Frau Krins hat Interviews mit Projektverantwortlichen geführt und insgesamt 26 Projekte im Bereich der Entwicklung oder Implementierung von Softwaresystemen untersucht. Auf Grundlage dieses Materials entwickelt sie theoriegeleitet eine Typologie der Personalsteuerung. In methodischer Hinsicht handelt es sich um eine Verbindung von qualitativer und quantitativer, zwischen theoretisch geleiteter, aber dennoch für explorativ gewonnene Befunde offene Forschung.
Insgesamt identifiziert Frau Krins sechs Personalsteuerungstypen. Personalsteuerung kommt generell in unterschiedlichen Mischungsverhältnissen von struktureller und interaktioneller Personalführung, von projektübergreifenden und projektspezifischen Steuerungsmechanismen vor. Der Projektleiter hat dabei die Rolle eines “Lückenfüllers”. Er schließt Lücken struktureller Führung, hat aber auch die Funktion des Katalysators, der strukturelle Führung vermittelt bzw. umsetzt. Insofern zeigt sich über die Einzelbefunde hinaus, dass Führung, auch Personalführung im engeren Sinne, nur verstanden werden kann, wenn man sie im Gesamtzusammenhang mit anderen Steuerungsmedien sieht.
Das Buch von Frau Christina Krins mit dem Titel “Personalsteuerung in IT-Projekten. Typen der Sicherstellung von Motivation und Leistungsbereitschaft des Projetkpersonals” (München, Mering 2008 ) ist soeben in der Schriftenreihe “Empirische Personal- und Organisationsforschung” im Rainer Hampp-Verlag erschienen.