Verbetrieblichungsneigung von Managern und Betriebsräten

Kritiker des deutschen Flächentarifvertragssystems fordern eine stärkere Nutzung betrieblicher Verhandlungslösungen. Die Folgen einer solchen Abkehr vom System der Flächentarifverträge (Verbetrieblichung) hätten vor allem die Betriebe und deren Akteure zu tragen. Wie die betrieblichen Akteure zur Verbetrieblichung stehen, ist bisher kaum untersucht worden. Werner Nienhüser und Heiko Hoßfeld (Lehrstuhl für Personalwirtschaft, Universität Duisburg-Essen) haben haben eine Befragung von 1000 Managern und 1000 mit ihnen in Verhandlungsbeziehungen stehenden Betriebsräten, um zu klären, wie Manager und Betriebsräte zur Verbetrieblichung stehen (das ist mit “Verbetrieblichungsneigung” gemeint) und welche Folgen sie mit einer Verlagerung der Verhandlungen auf die Betriebsebene verbinden. Dabei wird insbesondere untersucht werden, welchen Einfluss die im Betrieb existierende Regulierungsform (Formen der Tarifbindung bzw. Nichtbindung) auf die Verbetrieblichungsneigung hat.

Deskriptive und multivariate Analysen zeigen erstens den wenig überraschenden Befund, dass Betriebsräte deutliche Gegner und Manager deutliche Befürworter der Verbetrieblichung sind.

Ein zweites Resultat: Bei den Managern finden sich in den stärker “verbetrieblichten” Betrieben häufiger die Erwartung, dass Verbetrieblichung wenig negative und mehr positive Konsequenzen hat. Die Verbetrieblichungsneigung der Manager ist in diesen Betrieben deutlich höher.

Drittens: Bei den Betriebsräten ist das Muster zum Teil ähnlich. Vor allem in den Betrieben ohne Tarifvertrag erwarten die Arbeitnehmervertreter ebenfalls zu geringeren Anteilen negative Effekte und in höherem Ausmaß positive Folgen der Verbetrieblichung. Die Verbetrieblichungsneigung ist zwar ebenfalls höher in Betrieben mit betriebsnäherer Regulierung. Wenn man jedoch die wahrgenommenen Folgen statistisch kontrolliert, zeigen sich aber kaum noch Wirkungen der Regulierungsform. Die Wirkung des Verbetrieblichungsgrades “an sich” ist daher vernachlässigenswert, es sind die mit ihm assoziierten Folgen, die bei den Betriebsräten einen Effekt haben.

Zudem darf man nicht vergessen, dass die Betriebsräte in allen Regulierungsregimes die Verbetrieblichung ablehnen, die Ablehnung reduziert sich unter den genannten Bedingungen lediglich.

Quelle: Regulierungsform und Verbetrieblichungsneigung von Managern und Betriebsräten. Ergebnisse einer empirischen Erhebung. Erscheint in: Industrielle Beziehungen, Heft 4, 2007 (im Druck)