Toralf Pusch und Berndt Keller haben die Reformvorschläge der Parteien für den Niedriglohnsektor analysiert (siehe dazu auch meine kleine auszählende Analyse der Wahlprogramme):
Vorschläge zu Änderungen arbeitsmarktpolitischer Regelungen spielen in den offiziellen Wahlprogrammen und im aktuellen politischen Diskurs der Parteien für die Bundestagswahl 2021 keine zentrale Rolle, obwohl offensichtlich erheblicher Bedarf besteht (in alphabetischer Reihenfolge u. a. bei Arbeitszeit, Befristung, Homeoffice, Mindestlohn, Mitbestimmung, Plattformarbeit, Schein- sowie Soloselbstständigkeit, Tarifbindung, Weiterbildung)“ (Pusch/Keller 2021).
Im Niedriglohnsektors (der Beschäftigungsverhältnisse mit einem Stundenlohn bis 11,50 Euro umfasst) arbeiteten 2019 rund 6,9 Mio. Beschäftigte. 56 Prozent arbeiten in Teilzeit, in Minijobs (29 Prozent) oder Midijobs (29 Prozent).
Die Autoren konzentrieren sich vor allem auf die Minijobs. Diese geringfügigen Beschäftigungsverhältnissen sind bis auf die Rentenversicherung, von der man sich aber befreien lassen kann, nicht sozialversicherungspflichtig. In Deutschland arbeiten ca. 7 Mio. in einem Minijob (4 Mio. in einem hauptberuflichen Minijob und 3 Mio. in einem Minijob als Nebenerwerb).
Was sagen die Parteien zu dem Minijobs? Die Autoren schreiben zusammenfassend:
Die Antwort auf die Frage, welche Pläne politisch umgesetzt werden, hängt von der Zusammensetzung der nächsten Bundesregierung ab. Einige der möglichen Koalitionsvereinbarungen sind aufgrund deutlich unterschiedlicher Pläne der Parteien schwer vorstellbar. Wenn die individuellen Präferenzen auf Ausbau der sozialen Sicherung, vor allem in der Arbeitslosen- und Rentenversicherung, und Abbau des Niedriglohnsektors liegen, ist die Entscheidung eindeutig“ (Pusch/Keller 2021).